Spieglein, Spieglein an der Wand…
…was willst du mir über mich sagen?
Was stimmt nicht mit mir, wenn mein Seelenpartner wieder glitschiger Fisch spielt? Wenn er sich so kindisch verhält, als wäre er 3 Jahre alt und ihm sein Lolli auf den Boden gefallen? Wenn er seine Aussagen von gestern heute schon wieder vergessen hat?
Was soll es bedeuten, wenn er mir immer wieder Zuckerchen gibt, ich aber die restliche Zeit genauso emotional am ausgestreckten Arm verhungern könnte? Was hat das mit mir zu tun, wenn er zu feige ist, sich seiner Verantwortung entzieht, seine Versprechen nicht einhält? Was ist das mit mir, wenn er sich nicht entscheidet, weder dafür noch dagegen?
Kennst du diese oder ähnliche Fragen? Willkommen im Club der (vorübergehend) Ratlosen! 😉
Ich sag dir was, wenn ich inzwischen diese Klugmeierei aus der spirituellen/esoterischen Ecke lese, dass alles, wirklich alles, was der andere macht oder nicht macht, mit mir zu tun hat und mein Spiegel sein soll, immer und überall zu 100 Prozent, dann krieg ich zuviel.
Das würde bedeuten, dass beim (männlichen) Gegenüber immer alles in Ordnung ist. Dass seine Feigheit eigentlich eine Oskarverleihung verdient, dass er seine Ängste und Unsicherheit nur vortäuscht, extra für uns!, dass er immer weiß, wo der Frosch die Locken hat.
Ich behaupte, dieses angebliche „Spiegel-Gesetz“ ist ziemlicher Blödsinn und ich habe keine Ahnung, wers erfunden hat, aber meine Vermutung geht in Richtung…du weißt schon.
- Ja, er kann mir helfen durch sein Verhalten mir meiner eigenen Ängste bewusst(er) zu werden.
- Ja, er trägt auf wundersame, wenn auch oft schmerzhafte Weise dazu bei, dass ich erkenne, wie müde ich wirklich bin vom Kämpfen um Liebe und Aufmerksamkeit.
- Ja, er ist ein Geschenk mit seinen Verwirrungs-Manövern, weil mir die Lust ausgeht, mich hinhalten zu lassen.
- Ja, ich kann ihm dankbar sein, über all die Wunden, die er wieder aufreißt, weil ich sie so wirklich heilen kann und ich mir damit wertvolle und bisher gebundene Kraft zurückhole.
- Ja, na klar kann ich mich fragen, wo ich selbst ausweiche, wo ich selbst nicht ehrlich mit mir bin, wo ich mich selbst hinterm Ofen verstecke und (noch) nicht vorkommen will. Das kann ganz schön hilfreich sein, jeden Tag ein Stück authentischer zu werden.
- Ja, ich sehe manchmal das Verhalten eines Liebsten durch rosarote Brillen oder dicke Nebelschleier – ich weiß nicht immer gleich um das große Ganze.
- Ja, je ausgeglichener ich in mir bin, umso weniger stecke ich in einer Warteschleife fest, umso weniger ohnmächtig fühle ich mich, umso weniger angewiesen bin ich auf die Reaktionen meines Seelenpartners. Danke, lieber Herr Spiegel!
Aber lassen wir die Kirche doch bitte im Dorf – unser (Seelen)partner ist auch nur ein Mensch. Seine Unsicherheiten hat er auch nicht mal grad so aus dem Regal gezogen, auch er hat ein Vorleben. Und sogar höchstwahrscheinlich noch ein paar mehr, wie wir auch.
Auch er darf was klären, heilen, (auf)lösen, verändern. Ob er das will, steht mal auf einem anderen Titelblatt. Seine und deine Seele wissen ganz genau, warum ihr euch begegnet seid, was ihr erfahren wollt und was ganz individuell wirklich dahinter steht.
Nicht zu vergessen ist allerdings ebenso das kollektive Energiefeld, was gerade so richtig in Schwung kommt und durch die Vorarbeit der letzten Jahre vieler, vieler (sorry wenn ich auch das behaupte: vorwiegend Frauen) jetzt auch mal ganz offiziell die Faxen dick hat – von der eigenen (nicht selten vererbten) Kämpferitits um Liebe und dem Davonschleichen vieler Männer (wozu wir Frauen aber auch unseren Anteil mit in die zwischenmenschliche Suppe gegeben haben).
Jetzt ist die Zeit, mit Schuldzuweisungen sparsam umzugehen und dafür doch viel lieber zu hinterfragen, wo wir gemeinsam neue Akzente setzen können. Wo es Möglichkeiten und das ein oder andere Portiönchen mehr an Mut gibt, wieder aufeinander zuzugehen, Dinge mal endlich beim Namen zu nennen und uns das Leben nicht nur leichter zu machen, sondern auch ordentlich fröhlicher.
Mimimi darf jetzt auch mal draußen bleiben!
Ihr lieben Männer, wenn ihr das (zufällig) lest, dafür braucht es auch euch! Eure Entschlossenheit, klare und echte Worte zu finden, euch zu positionieren, eure männliche, wunderbare Kraft in ein gemeinsames Feld fließen zu lassen, in dem wieder echtes Mitgefühl, echte Gespräche, ein produktiver Austausch auf Augenhöhe stattfinden können – lieber ein eindeutiges „ich kann (noch) nicht“ als eine für beide Seiten mühsame Hinhalte, Verschiebe und Rauszöger-Taktik.
Ich behaupte schon wieder was: wir Frauen freuen uns wie Bolle auf eure Echtheit, eure Ehrlichkeit, eure Stärke, eure Schaffenskraft, eure Talente – genau wie auf eure weiche Seite, eure Verletzlichkeit, eure Unsicherheit, eure Zweifel – ihr seid herzlich willkommen in eurer Ganzheit!
Und das ist es, was uns der Spiegel, das Gegenüber wirklich sagen will:
Finde deine fucking einzigartige Mitte wieder, zwischen Starksein und Schwäche, zwischen Zartheit und Power, zwischen Eisprinzessin, Mauerblümchen, Schönheitskönigin, weiser „Alte“- zwischen Momo, Bibi Blocksberg und Pippi Langstrumpf in dir! Zwischen deinen weiblichen und männlichen Anteilen.
Nichts davon ist besser oder schlechter, aber ein Gefährt mit 2 intakten Reifen fährt sich einfach mal besser als wie mit nur einem! Und zwei Menschen, die sich gemeinsam fortbewegen (wollen), kommen so außerdem deutlich leichter irgendwo an! 🙂
Wir sind nicht hier um perfekt zu sein, jeder Reibungspunkt in einer Beziehung bietet aber hervorragende Chancen, klarer, bewusster und reifer zu reagieren!
~Rebekka Gutmayer~
P.S.: Nimm dir, was du brauchen kannst. Alles andere lass einfach stehen.
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